Sunday, October 11, 2009

zu Hause ist nicht nur wo mein Hut ist

Die Schweiz meiner Kindheit war von Klischees umfasst. Die Zutaten waren Ricola-Werbungen, der Film „The Sound of Music“ und ein Missverständnis der Tagesereignisse. Die Abbildung war grüne Wiesen, grosse Alpenhörner und ein gigantisch Berg, auf dem eine Holzhütte voll mit Politiker stand.

Ich wohne schon seit Mai 2006 in der Schweiz. Das ist länger als ich in Athens, San Diego, Groton, Fairfax, DC und Philadelphia gewohnt habe. Wenn ich meine alten Wohnorte besuche, merke ich, dass sie immer noch in meinem Herz sind. Natürlich ist Zürich ganz anders. Ich bin noch eine Ausländerin und gewisse Sachen bleiben mir immer noch fremd, aber zu Hause fühle ich mich langsam. Deshalb ist es gerade noch rechtzeitig umzuziehen.

2009 wird unser letztes Jahr in der Schweiz eine Zeit lang . Vielleicht deshalb finden wir uns jetzt oft in Touristenbegleitung. In diesem Summer haben wir schon ein Alphornkonzert gesehen und waren bei einem Alpabzug dabei. In diesem Winter will ich endlich richtig snowboarden, vielleicht gehe ich wieder an den Zwiebelmarkt im Bern, oder zum ersten Mal an die Fasnacht in Luzern oder Basel. Ich will jede Möglichkeit nutzen, um unser Zuhause zu geniessen.

Die Schweiz ist für die meisten meine amerikanische Familie und Freunde nur St. Gallen. Dort haben wir geheiratet und sie die Mehrheit ihrer Zeit verbracht. Zürcher finden das lustig, genauso wie ich. Lustiger ist aber, wenn meine Halbgeschwister mir etwas von der Schweiz erzählen, das ich gar noch nicht weiss. Sie sind ein paar Tage in Luzern geblieben, eine Stadt, die mir bis vorgestern unbekannt war. Ich werde nie die ganze Schweiz kennen, aber ich freue mich darauf, mehr und mehr über das Land zu lernen.

Wenn ich durch Washington DC fahre, fühle ich mich immer noch damit verbunden. Das ist eigentlich warum es keine Frage gibt’s, dass Ivo und ich wieder in die Schweiz zurückkehren werden. Ein Paar Leute haben ihre Besorgnis geäussert. Sie sollen wissen, dass unsere Herzen gross genug sind. Wir haben Platz genug für neue Städte und neue Kollegen, ohne Zürich auf Platz zwei zu schieben.


ein offener Brief an Hip-hoppers

Liebe Hip-Hoppers,

passt gut auf!!! Es könnte sein, dass ihr nicht bereit wart für das Schweizerpublikum. Wenn ihr „put your hands up!“ sagt, wird das Schweizervolk (und vielleicht das Volk aller deutschsprachigen Menschen) nur einen Finger statt einer Hand heben. Probiert soviel ihr wollt, sie werden euch nie ihre Handflächen zeigen. Es ist auch in der Schule so. Amerikaner würden meinen, dass Schweizer Kinder die Nummer eins zeigen wollten. Wahrscheinlich hat es etwas mit den Nazis zu tun, oder vielleicht können sie mit einer Finger höher reichen. Das weiss ich nicht.

Anweisungen sind eigentlich allgemein gefährlich. Obwohl die Mehrheit eures Publikums Englisch versteht , ist es schwieriger, von einer Bühne euren Dialekt zu verstehen. „Are y’all ready?!“ ist mehr oder weniger begreiflich. „We gonna need an Ambulance“ ist schwieriger, besonders mit einem haitianischen/New Jersey Akzent. (Wyclef Jean, du bist damit gemeint.) Ihr sollt kurz, klar und deutlich instruieren.

Apropos Verständnis, mindestens die Hälfte eures Publikums kann kaum eure Liedtexte verstehen. Zusatzkommentar (besonders ein kulturspezifischer Kommentar) wird ganz wahrscheinlich nicht kapiert. Wenn ihr irgendetwas zu Ketten sagt, würden die Zuschauer ihre Halsketten hochheben. Ihnen ist es nicht egal aber unbekannt, dass ihr was Negatives gesagt habt.

Zuletzt will ich euch erklären, dass ihr keine Angst haben sollt, aber seid bereit: Am Schluss eures Sets wird das Publikum ein komisches Geräusch machen. Sie werden dazu ihre Füsse stampfen. Erstaunlicherweise ist es ihnen dann erlaubt, ihre Hände zu öffnen, damit sie ihre Fingern wackeln können. Sie meinen nichts Böses damit. Sie wollen euch nicht verfluchen. Es ist kein helvetisches MoJo. Das ist nur die Art, wie sie eine Zugabe verlangen.

Ich geniesse es immer, meine Lieblingsmusiker zu sehen. Ich hoffe, dass die Infos hilfreich waren, und ihr bald wieder kommt.

Euer Fan

Jessy